Ab in den Zukunftsmodus der Pflege – aber wie?
Pflege zwischen Innovation und Insolvenz – Expert*innen aus Politik, Branche und Wissenschaft haben uns kurze Videostatements zu einer komplexen Frage gegeben: Was ist nun zu tun, um aus dem Krisenmodus der Pflege in den Zukunftsmodus zu kommen? Entstanden sind die Videos vor Ort beim 20. contec forum in Berlin – und ergeben in der Gesamtschau ein spannendes Netz aus Perspektiven, Ideen und Ansätzen mit der Blickrichtung „Zukunft“.
Die vermehrt erscheinenden Meldungen über Insolvenzen und sich anbahnende wirtschaftliche Krisen in unterschiedlichen Pflegeunternehmen sind in der Branchenpresse nicht zu übersehen. Bedingt durch eine Vielzahl komplexer Ursachen, von der demografischen Entwicklung in Kombination mit dem Fachkräftemangel bis zu gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen – zudem befördert durch Bearbeitungs- und Zahlungsrückstände der Kostenträger, zeichnet sich das Bild eines ,Krisenmodus‘ der Pflege.
Dies ist auch die Situation nach der Hochphase der Corona-Pandemie, in der Unternehmen und Einrichtungen durch den Corona-Rettungsschirm zeitweise geschützt wurden. Eine Maßnahme, die teils existenzsichernd und richtig war, die aber auch den Blick versperren konnte für langfristig notwendige Maßnahmen der wirtschaftlichen Sicherung.
Und gleichzeitig lassen sich in vielen Einrichtungen pragmatische, innovative Lösungen und Ansätze für aktuelle Herausforderungen finden, die vor dem Hintergrund des aktuellen ,Krisenmodus‘ keinesfalls in den Hintergrund geraten sollten. „Zwischen Innovation und Insolvenz“ war daher das übergreifende Thema des 20. contec forums in Berlin, das in seiner Jubiläumsausgabe dieses Spannungsfeld öffnete. Die Tagung brachte spannende Perspektiven, Diskussionen und Vernetzungsideen hervor – genauer nachlesen können Sie diese Themen in unserer Pressemitteilung.
Kurz gefragt: Video-Statements von Expert*innen beim contec forum
Vor Ort haben wir einige der Referent*innen und Podiums-Teilnehmenden um ein pointiertes Statement aus ihrer spezifischen, fachlichen Perspektive gebeten. Die aufgrund der Komplexität des Systems Pflege ambitionierte Fragestellung lautete: Was muss jetzt passieren, damit wir aus dem Krisenmodus in den Zukunftsmodus der Pflege gelangen?
Fabia Heischling, Referentin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung des Landes Rheinland-Pfalz, betont, dass die pflegerische Versorgung in Zukunft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe im Sozialraum ist, die über Sektorengrenzen und den Einsatz professionell Pflegender weit hinausreicht.
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Reiner Kasperbauer, Vorstandsvorsitzender a. D. des Medizinischen Diensts in Bayern wirbt dafür, statt weiterer Studien nun Neues umzusetzen, anzupacken, Möglichkeiten zu finden – er legt den Fokus insbesondere darauf, Angehörige und Pflegeinteressierte umfassend einzubinden und dafür auch weiterzuqualifizieren.
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Britta March, Referatsleiterin, Bundesministerium für Gesundheit (BMG), stellt die Vielzahl essenziell wichtiger „To-dos“ im komplexen System Pflege heraus. Sie lädt u. a. dazu ein, auch auf das Gute zu schauen, das bereits im Rahmen von Projekten, Plänen und Strategien passiert, verweist auf den oftmals nicht vollständig genutzten Rahmen des SGB XI, die Bedeutung von Entbürokratisierung und Digitalisierung sowie einer zukunftsgerichteten Finanzierung.
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Prof. Dr. David Matusiewicz, Wissenschaftlicher Direktor, Institut für Gesundheit & Soziales FOM Hochschule für Oekonomie & Management, setzt auf Innovation ‚von unten‘ durch findige Unternehmen, darauf, das Akteur*innen proaktiv loslegen, Experimentierräume finden, pragmatische Lösungen entwickeln, die einen kurzen Weg in den Markt über die Abstimmung mit den Füßen finden.
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Christian Potthoff, Geschäftsführer der Diakonie Michaelshoven Pflege und Wohnen gGmbH, bringt aus der Perspektive der Pflegeunternehmen die Aufgabe ein, „den eigenen Keller aufzuräumen“, im Dialog mit Mitarbeitenden zu schauen, welche Rahmenbedingungen im Unternehmen verbessert werden können – und sieht entscheidende Potenziale in der Digitalisierung.
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Prof. Dr. Matthias von Schwanenflügel, Fellow des IEGUS Instituts, sieht es als ersten wichtigen Schritt an, dass der Gesetzgeber den Vertragsparteien bei drohender Insolvenz mehr Möglichkeiten einräumt. Im zweiten Schritt steht für ihn eine richtige Reform an, die u. a. auf gleichen Leistungen unabhängig vom Wohnort aufbaut, darauf, die Kommunen mitzunehmen und den Sozialraum zu gestalten sowie Familien im Pflegekontext stärker zu unterstützen.
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Dagmar Vogt-Janssen, Leiterin Fachbereich Senioren, Landeshauptstadt Hannover, beleuchtet das wichtige Zusammenspiel zwischen Kommunen, Pflegekassen und Einrichtungsträgern im Sozialraum und die Notwendigkeit einer Gesamtversorgungsplanung, bei der alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
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Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete des Deutschen Landkreistages, greift aus den vielzähligen wichtigen Bausteinen, um Pflege zu sichern, die drei wichtigsten heraus: Die Finanzierung, vor allem aufgrund der hohen Eigenanteile, das Personal, da nie wieder so viele Pflegende wie heute im Einsatz sein werden und die Potenziale von Flexibilisierung und Digitalisierung.
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Mehr Inhalte vom 20. contec forum und Ausblick
Auch das Thema einer bunten und inklusiven Pflege bekam aus aktuellem Anlass eine wichtige Präsenz auf der Bühne des contec forums: Sehen Sie in diesem Video einen Ausschnitt aus der Eröffnungsrede des contec-Geschäftsführers Detlef Friedrich, der den Appell an die Teilnehmenden richtet, sich für eine bunte und vielfältige Branche gemeinsam stark zu machen.
Was nach zwanzig Jahren contec forum und einer erfolgreichen Jubiläumsausgabe 2025 folgen wird, darauf gab Detlef Friedrich wiederum in seinen Abschlussworten einen Vorgeschmack: „Wir werden weiterhin das beliebte Vernetzungstreffen der Branche bleiben, das zu gemeinsamen Initiativen einlädt. Wir werden aber auch Dinge ganz neu machen, mit interaktiven Formaten und indem viel stärker die junge Generation der Pflege-Expert*innen mit ihren Ideen und Denkweisen das forum gestaltet. Seien Sie gespannt!“ Er lud Interessierte abschließend auch dazu ein, Ideen, Themen und Wünsche einzubringen – wir sind gespannt auf Ihr Feedback!
Titelfoto: © contec GmbH/Philip Schunke Interviews: Linda Englisch/Sebastian Niemann/Philip SchunkeRonja Reinhold
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