Talentmanagement implementieren – mit klaren Verantwortlichkeiten

Talentmanagement
Montag, 29 April 2019 09:56

Talentmanagement Teil IV: Um ein systematisches und dadurch erfolgreiches Talentmanagement einzuführen, benötigen Sie neben Tools und Strategien zur Identifizierung, Förderung und Bindung von Talenten feste Verantwortlichkeiten entlang des Prozesses, die im Vorhinein klar festgelegt werden. Für diese Implementierung sollten insbesondere die Rollen des oberen Managements, der operativen Führungskräfte und der Personalabteilung transparent definiert und vereinbart werden.

Das obere Management trägt in der Regel die ganzheitliche, strategisch-operative Verantwortung und hat die ausschlaggebende Multiplikator-Funktion. Nur wenn das Management die Relevanz eines funktionierenden Talentmanagements erkennt und vorlebt, kann der Prozess im gesamten Unternehmen Früchte tragen. Jede Führungskraft verantwortet die Potenzialidentifizierung und –förderung ihrer Einrichtung bzw. ihres Geschäftsbereichs. Wir empfehlen Ihnen, die Potenzialidentifizierung und -förderung als zentralen Bestandteil in den Führungsgrundsätzen und in den Rollen- bzw. Funktionsbeschreibungen der Führungskräfte zu verankern, um ein klares Führungsverständnis zu schaffen und die Relevanz zu unterstreichen. Darüber hinaus kann die Potenzialidentifizierung und -förderung als Führungsaufgabe in den Zielvereinbarungen – als Instrument der jährlich zu steuernden Vorgaben des Talentmanagements – verankert sein.

Die Personalabteilung bzw. die für die Personalentwicklung verantwortliche Person sollte schließlich als zentrale/r Prozesstreiber/in, Facilitator/in und Fachexperte/Fachexpertin für Methoden und Verfahren fungieren. Sie steuert somit das Thema übergreifend und bringt es regelmäßig zu festgelegten Zeitpunkten auf die Agenda, damit es im Alltagsgeschäft nicht untergeht. Die Personalabteilung sollte zudem die Führungskräfte in der Umsetzung der entsprechenden Instrumente und Prozesse unterstützen, indem sie dafür Sorge trägt, dass die Führungskräfte in der Nutzung der Instrumente und Prozesse befähigt werden. Es ist durchaus sinnvoll, einen zentralen Ansprechpartner oder eine zentrale Ansprechpartnerin für das Thema festzumachen, bei dem/der die Fäden zusammenlaufen.

Schritte des Talentmanagement-Prozesses klar verorten

Legen Sie klar fest, welche Inhalte im Talentmanagement-Prozess in welchem Gremium thematisiert werden. Insbesondere für größere Träger eignen sich nach Regionen geclusterte Potenzialkonferenzen zur Zusammenführung der Erkenntnisse über Potenzialträgerinnen und Potenzialträger aus den einzelnen Einrichtungen. In regelmäßigen Treffen diskutieren die Führungskräfte über Potenzialträger/innen und entsprechende standortspezifische und standortübergreifende Weiterentwicklungsideen für diese Mitarbeitenden. Ein großer Vorteil der Potenzialkonferenz ist, dass hier zusätzlich das gemeinsame Verständnis, was ein Potenzial ausmacht und wie es erkannt werden kann, gefestigt wird.

Solche Konferenzen gelingen jedoch nur unter bestimmten unternehmenskulturellen Rahmenbedingungen. Die Einrichtungsleitungen müssen ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen und Offenheit aufbringen. Einen Potenzialträger oder eine Potenzialträgerin offen zu benennen und eventuell an eine andere Einrichtung innerhalb des Unternehmens zu verlieren geht selbstverständlich auch mit der Angst einher, diese freiwerdende Stelle nicht rechtzeitig oder adäquat nachbesetzen zu können. Möglicherweise wurde zudem bereits Budget in die Weiterentwicklung des/der Mitarbeitenden investiert, woraus die Einrichtung selbst keinen unmittelbaren Nutzen zieht. Es muss sich daher ein übergreifender Blick auf das Gesamtinteresse des Unternehmens etablieren und es braucht ein System, von dem jede Einrichtung auf kurze oder lange Sicht profitiert. Hinsichtlich der Förderungsmaßnahmen von Potenzialträgern und Potenzialträgerinnen kann es zudem hilfreich sein, eine trägerübergreifende Budgetlösung zu schaffen.

Alle Mitarbeitenden im Blick behalten und Transparenz schaffen

Holen Sie auch die Mitarbeitenden in der Einführung des Talentmanagements frühzeitig an Bord. Es sollte für alle transparent sein, nach welchen Kriterien Talente ausgewählt und gefördert werden. Lassen Sie zudem Vorsicht walten in der Differenzierung von Mitarbeitenden mit und ohne Potenzial. Verlieren Sie in der Personalbindung nicht die restlichen Mitarbeitenden aus dem Blick. Dies kann schnell zu Missmut führen und Sie wollen schließlich für alle Mitarbeitenden ein attraktiver Arbeitgeber sein, auch für diejenigen, die keine weiteren Karrierewege anstreben und/oder in ihrer derzeitigen Position gute Arbeit leisten.

Ebenso sollte einem Konkurrenzdenken zwischen den Potenzialträger/innen entgegengewirkt werden, um innerhalb von Teams keine Unruhe zu stiften. Hierbei kommt den Führungskräften eine tragende Rolle zu. Eine große Herausforderung besteht zudem darin, entwickelte Potenziale im Unternehmen zu halten, sollte in absehbarer Zeit keine passende Position frei werden. Hier ist Transparenz, Erwartungsmanagement und Beziehungsarbeit gefragt. Insgesamt sollten Sie bereits bei der Entwicklung der Prozesse beachten, wie das System kulturell eingeführt werden soll und wie die Kommunikation in die Mitarbeiterschaft und mit den Potenzialträger/innen entlang des Prozesses erfolgen soll.

Talentmanagement, das muss abschließend betont werden, ist keine Ad-hoc-Maßnahme, mit der kurzfristige Lücken geschlossen werden können. Vielmehr bedarf es einer frühzeitigen Vorbereitung und der systematischen Etablierung von entsprechenden Strukturen im Unternehmen, um eine strategische Nachwuchssicherung zu ermöglichen. Auch mit Fragen der kulturverträglichen Einführung und Umsetzung sollten Verantwortliche sich frühzeitig auseinandersetzen. Die Prozesse und Instrumente der Potenzialidentifizierung und -förderung sollten überdies stetig evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden.

Es ist wichtig, dass Unternehmen aktiv werden – und zwar nicht erst bei bereits eingetretenem gravierendem Führungskräftemangel, der die Stabilität und Weiterentwicklung eines Unternehmens gefährdet.

Text: Linda Englisch © Syda Productions/shutterstock.co

Esther Niehoff

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