Sind Sie ein attraktiver Arbeitgeber? Analysen geben Aufschluss
Im Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte, um diese zu gewinnen und vor allem zu binden, geht es jetzt darum, sich als attraktiver Arbeitgeber aufzustellen. Unternehmen der Sozialwirtschaft müssen sich proaktiv, strategisch und individuell am Markt positionieren. Welche Tools und Analysen dabei helfen, zeigen wir in diesem Beitrag.
Arbeitgeberattraktivität ist ein Schlüsselelement, um als Unternehmen der Pflege oder der Sozialen Arbeit künftig erfolgreich am Markt zu bestehen. Der Paradigmenwechsel vom Anbieter- zum Bewerbermarkt hat bekanntlich längst stattgefunden. Jetzt geht es darum, sich strategisch dementsprechend aufzustellen und den veränderten Ansprüchen der Bewerber*innen gerecht zu werden.
Das bedeutet einerseits, über die richtigen Unternehmenswerte und Benefits zu verfügen. Aber auch ein professioneller und ansprechender Auftritt in den digitalen Medien zählt für die nachfolgende Generation an Fach- und Führungskräften. Der Online-Auftritt macht es möglich, die „Blackbox Arbeitgeber“ für Bewerber*innen zu öffnen und ihnen zu zeigen, was sie künftig erwartet.
- Pflegeunternehmen aufgepasst! Die Tariforientierungspflicht im Zuge des GVWG-Gesetzes bringt neue Dynamik in den Markt. In absehbarer Zeit werden die Vergütungssystematiken für Mitarbeitende in der Altenhilfe zwar noch heterogen sein, aber auf einem insgesamt höheren Niveau und mit weniger Unterschieden zwischen den Trägern. Es lohnt sich, auch und gerade für die Unternehmen, die bereits nach Tarif oder tarif-ähnlich zahlen, sich jetzt kritisch mit der eigenen Attraktivität auseinanderzusetzen und sich im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeitende in der Pflege aktiv aufzustellen. Denn attraktive Vergütung wird kein Alleinstellungsmerkmal mehr sein.
Wie stelle ich mich als attraktiver Arbeitgeber auf?
Einen guten Slogan ausdenken, ein paar Broschüren drucken, eine neue Recruiterin engagieren? Das allein genügt nicht. Für das Employer Branding und Personalmarketing ist es zunächst wichtig zu wissen, was das Unternehmen als Arbeitgeber besonders macht und es gegenüber anderen abgrenzt. Dazu gehören zum einen grundsätzliche Eigenschaften wie die Unternehmenskultur, Arbeitgeberziele, Identität und Werte sowie die Führungskultur. Aber auch individuelle Benefits spielen eine Rolle als Merkmale attraktiver Arbeitgeber, darunter:
- Arbeitszeit
- Arbeitsplatz
- Gesundheitsförderung
- Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben
- Vergütung
- Karriere
- Teamevents und Miteinander
Entscheidend ist dabei auch, dass die Merkmale nicht ,angenommen‘ oder ,von außen übergestülpt‘ sind, sondern dass sie im Unternehmen tatsächlich gelebt werden. Erst wenn Sie diese Unterscheidungsmerkmale für Ihr Unternehmen herausgearbeitet haben, können Sie sich entsprechend nach innen und außen präsentieren. Mit gründlichen Analysen schaffen Sie daher die Basis für Ihre authentische Aufstellung als attraktiver Arbeitgeber.
Die Analyse relevanter Personalkennzahlen sowie auch der Personalmarketingprozesse ist immer eine wichtige Grundlage. Kennzahlen, die Sie dafür regelmäßig erheben sollten, sind beispielsweise die Kranken- und Fluktuationsrate, die Beschäftigungs- und Altersstruktur, die durchschnittliche Anzahl der Überstunden, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden oder die Anzahl der Bewerber*innen pro Inserat.
Die erhobenen Zahlen verdichten die betrieblichen Informationen und verdeutlichen gleichzeitig größere Zusammenhänge im Unternehmen. Somit bilden Sie einen Maßstab, um Ursachen und Wirkungen von Vorgängen in kausalen Zusammenhängen darzustellen. Fragen, die mit den Kennzahlen beantwortet werden können, sind beispielsweise:
- Welche Altersstruktur liegt heute in Ihrem Unternehmen vor?
- Wie hoch ist die Einstellungs- und Ausbildungsquote?
- Auf welche Marketingmaßnahmen folgen Bewerbungen?
- Und schließlich: Was bedeuten diese Zahlen konkret für Ihr Personalmarketing?
Im Folgenden wollen wir Ihnen drei weitere Schritte bzw. Instrumente im Detail vorstellen, die Sie in der Annäherung an das Themas „attraktiver Arbeitgeber“ gehen können und die sich in unserer Praxiserfahrung zuletzt besonders bewährt haben. Dabei richten wir ein Augenmerk auf das Potenzial digitaler Analysen.
1. (Digitale) Wettbewerbsanalyse: Was macht der Markt?
Die Wettbewerbsanalyse erlaubt es Ihnen im ersten Schritt, verschiedene Fragestellungen zu Ihrer Position im (regionalen) Markt zu beantworten:
- Wer sind Ihre Wettbewerber? Welche Träger sind im Einzugsgebiet tätig?
- Mit welchen Arbeitgeber-Benefits wirbt der Wettbewerb? Mit welcher Außendarstellung machen Mitbewerber auf sich aufmerksam? Wie aggressiv und kreativ treten Ihre Mitbewerber auf?
Mit einer Desk Research, einer Recherche bereits einsehbarer Informationsquellen, können Sie die Homepages und Stellenanzeigen Ihrer Wettbewerber bezüglich der nach außen kommunizierten Arbeitgeber-Benefits analysieren. Hier zählen vor allem alle Benefits neben der Vergütung, denn diese sind entscheidend bei nur geringen Unterschieden im Entgelt. Dieser Überblick ermöglicht die Ableitung Ihrer konkreten Abgrenzungspotenziale bei der Anwerbung von Mitarbeitenden.
- Wo ist der Wettbewerb aktiv? Wie sieht der Online-Auftritt anderer Träger aus?
Neben der unternehmenseigenen Homepage sollten Sie einen detaillierten Blick in die sozialen Medien und Bewertungsportale werfen. Wo und wie sind Ihre Mitbewerber dort als Arbeitgeber präsent?
- Was treibt Ihre Top-Konkurrenz?
Bei dieser Frage geht es schließlich um Ihre stärksten Wettbewerber. Eine ausführliche Analyse der nach außen kommunizierten Arbeitgebereigenschaften und der Arbeitgeber-Onlinepräsenz dieser Wettbewerber verschafft Ihnen Benchmarks und zeigt deutlich auf, wo Sie bereits heute der Konkurrenz voraus sind, wo Sie auf Augenhöhe agieren und wo die Chance liegt, sich zukünftig als Arbeitgeber in der Pflege oder der Sozialen Arbeit abzugrenzen und zu positionieren.
- Wo liegt Ihr Abgrenzungspotenzial?
Jeder der Analyseschritte hat zum Ziel, Ihr Abgrenzungs- und Positionierungspotenzial herauszuarbeiten. Mithilfe des Benchmarkings und Monitorings können Sie Ihre Arbeitgeberstärken und -schwächen im Vergleich zum regionalen Wettbewerb aufdecken. Zudem identifizieren Sie Verbesserungspotenziale, die Sie als Grundlage zur Weiterentwicklung der Arbeitgebermarke nutzen können.
2. Ihr digitaler Auftritt: Wo stehen Sie als Arbeitgeber?
Wir empfehlen immer auch den Fokus auf Ihre eigene digitale Präsenz als Arbeitgeber, denn im ,digitalen Raum‘ ist der Großteil Ihrer Zielgruppe unterwegs. Wollen Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren, beginnt dies bereits bei der Bewerbung.
- Wie attraktiv ist Ihre Karriereseite?
Das Zentrum des digitalen Auftritts eines Unternehmens als Arbeitgeber bildet mehr denn je die Karriere-Website. Hier landen die interessierten Bewerber*innen, um sich über den Arbeitgeber zu informieren. Wer es potenziellen neuen Mitarbeitenden einfach macht und den Wünschen entgegenkommt, lockt gute Fachkräfte und Talente an. Haben Sie schon einmal aus der Brille Ihrer Bewerber*innen auf Ihr eigenes Karriereportal geblickt? So finden Sie heraus, was Ihrer Website noch fehlen könnte.
Strukturieren Sie Ihre Karriereseite so, dass Bewerber*innen sich schnell und umfassend über Ihr Unternehmen informieren können. Eine Karriereseite lebt von kurzen, gehaltvollen Texten, authentischen Fotos und lebendigen Videos. Insbesondere in sozialen Berufen wie z. B. der Pflege legen Bewerber*innen bei der Arbeitgeberwahl Wert auf die Team- und Unternehmenskultur. Referenzen und Testimonials von Mitarbeitenden auf der Homepage können Interessierten einen authentischen Einblick in die Arbeit bei Ihnen verschaffen.
- Wie komfortabel ist die Bewerbung bei Ihnen?
Außerdem sollten Ihre Stellenanzeigen sowie Ansprechpersonen inkl. Kontaktmöglichkeit schnell auffindbar sein. Im besten Fall leitet ein Online-Bewerbungsformular Kandidat*innen unkompliziert und zügig durch die Bewerbung. Auch eine One-Click-Bewerbung, beispielsweise mit dem XING- oder LinkedIn-Profil, kann sowohl Bewerber*innen als auch Unternehmen Zeit sparen. Mit diesem Angebot zeigen Sie gleichzeitig, dass Sie sich als Arbeitgeber fortschrittlich aufstellen. Einen guten Eindruck machen Sie auch mit interaktiven Elementen wie einer Chat-Funktion oder einem Gehaltsrechner.
- Werden Sie gefunden?
Wichtig ist schließlich nicht nur der Aufbau Ihrer Seite, sondern auch, dass diese mit den für Sie relevanten Suchbegriffen auch gefunden wird. Dafür muss die Seite technisch wie auch inhaltlich-textlich für Suchmaschinen, insbesondere natürlich für die Google-Suche, optimiert werden. Einen wichtigen Anhaltspunkt in der Analyse kann Ihnen der sogenannte Sichtbarkeitsindex geben, den professionelle SEO-Analysetools berechnen. Den Benchmark bildet dabei die Sichtbarkeit Ihrer Wettbewerber. SEO-Tools geben Ihnen auch Hinweise auf zu eliminierende technische Fehler und andere Optimierungspotenziale.
- Wie sehen Ihre Stellenanzeigen aus? Wie werden sie verbreitet?
Nehmen Sie auch Ihre digital verbreiteten Stellenanzeigen genauer unter die Lupe: Wie steht es um die inhaltliche und optische Gestaltung? Arbeiten Sie schon mit Videos, um einen authentischen Einblick zu geben und sich gegenüber anderen abzuheben? Über welche Kanäle laufen Ihre Stellenanzeigen-Kampagnen?
- Wie gut ist Ihr Social-Media-Auftritt?
Einen immer bedeutenderen Beitrag zur Arbeitgeberattraktivität leistet auch der Auftritt in den sozialen Medien. Hier sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Wo ist Ihre Organisation im Social Web unterwegs?
- Wo müssen Sie nachjustieren?
- Welche Kanäle sollten Sie für welche Zielgruppe nutzen – und wie?
- Sind Ihre Social-Media-Aktivitäten in Ihr Personalmarketingkonzept integriert?
Inhaltlich sollten sich die verschiedenen Auftritte Ihres Unternehmens von Facebook und Instagram über die Business Netzwerke LinkedIn und XING bis hin zu YouTube oder TikTok aufeinander beziehen und ergänzen. Auch die Überprüfung Ihres Eintrags in Google MyBusiness lohnt sich. Interessante Einblicke gibt Ihnen weiterhin Ihr Profil auf der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu: Was schreiben Nutzer*innen dort über Sie und wie sind Sie dort bewertet? Wie gehen Sie mit positiven und vor allem negativen Bewertungen um?
→ Lese-Tipp: Wie rekrutiert die Sozialwirtschaft? Recruiting Report zum Download.
3. Blick nach „innen“: Was wird kommuniziert und was steckt hinter Ihren Werten?
Der dritte Analyseansatz ist entscheidend und zugleich aufwendiger zu erfassen. Es geht nun auch darum, herauszufinden, wer intern wie und was über Sie als Arbeitgeber spricht bzw. erzählt, ob der Employer-Branding-Gedanke im Mindset der Mitarbeitenden und Führungskräfte verankert ist – und wie sich dieses Mindset bei Bedarf ändern lässt.
Es geht u. a. um die Frage, was hinter Ihren Benefits steht (Können Bewerber*innen das konkret erfahren? Wissen das eigentlich Ihre eigenen Mitarbeitenden?) und ob versprochene Benefits auch gelebt werden (Würden Mitarbeitende die Benefits auch so benennen?).
Erste Erkenntnisse hierzu liegen Ihnen vielleicht schon aus der digitalen Analyse vor (z. B. über kununu oder durch Kommentare via Social Media). Zu den wichtigsten Instrumenten, um die Werte und deren Kommunikation im Unternehmen zu analysieren, gehören aber Mitarbeiterbefragungen und moderierte Workshops mit Mitarbeitenden und Führungskräften. Im Dialog erhalten Sie wertvolle Einsichten, die sich zu konkreten Erkenntnissen verdichten lassen. Daraus können Sie Maßnahmen mit Blick auf das Mindset der Mitarbeitenden, aber auch auf das richtige Storytelling nach innen und außen ableiten.
Die Ergebnisse nutzen und Ihre Geschichte erzählen
Die Ergebnisse der vorgestellten Analysen schaffen für Sie Klarheit in Bezug auf Ihre Arbeitgebermarke sowie auf Ihre Möglichkeit der Wettbewerbsabgrenzung. Mit diesem Wissen können Sie konkrete Maßnahmen umsetzen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.
- Sie könnten z. B. herausfinden, dass Ihre Konkurrenz schon längst bestimmte Features auf der Karrierewebseite nutzt, die Ihnen noch fehlen.
- Vielleicht zeigt sich aber auch, dass in Ihrem Umkreis andere Personalmarketing-Instrumente wie das Schalten von Anzeigen auf bestimmten Stellenseiten mehr Erfolg bringen.
- Oder Sie sind auf den erfolgreichen TikTok-Kanal der Nachbareinrichtung aufmerksam geworden, der eine zielgruppengerechte Ansprache von Fachkräften schafft.
- Die Kennzahlenanalyse könnte auch Verbesserungspotenziale bei internen Prozessen wie dem Bewerbungsmanagement oder der Candidate Experience
Auf diese Feststellungen sollten nun konkrete Maßnahmen zur Optimierung folgen. Dazu können Sie sich bei Bedarf Unterstützung von Expert*innen suchen. Bei der Kommunikation der Arbeitgebermarke ist es wichtig, systematisch vorzugehen, Maßnahmen vorzudenken, die ineinandergreifen und diese im Alltag des Unternehmens zu verankern.
Bei allem gilt die wichtige Formel: Die Attraktivität eines Arbeitgebers entsteht von innen nach außen. Kennen Sie Ihre individuellen Attraktivitätsmerkmale, sollten Sie diese an die Mitarbeitenden authentisch und glaubwürdig kommunizieren.
Die Mitarbeitenden sind die Expert*innen des Unternehmens und können als Multiplikator*innen die Arbeitgebereigenschaften und die Attraktivität überzeugend nach außen tragen. So erzeugt Ihr Unternehmen nicht nur eine Sogwirkung für Bewerber*innen, sondern bleibt auch für die aktuellen Mitarbeitenden anziehend.
Text: Katharina Neumann/Linda Englisch/Lisa Ringele© fauxels/Pexels
Katharina Neumann
Sie möchten Ihre individuellen Attraktivitätsfaktoren nutzen, um Personal zu gewinnen und bestehende Mitarbeitende zu binden? Sie wollen sich auf die Auswirkungen der Pflegetarifreform vorbereiten? Sprechen Sie uns unverbindlich an!