Potenzialanalyse: Methoden, Beispiele – die perfekte Passung von Mensch und Aufgabe finden!
Wie entscheiden Sie eigentlich in Ihrer Organisation, ob eine Person für eine freie oder neugeschaffene Stelle passend ist? Wie schätzen Sie Entwicklungspotenziale Ihrer Mitarbeitenden und Führungskräfte ein? Was tun Sie, um Fehlbesetzungen zu vermeiden? Die richtige Besetzung von Schlüsselpositionen und die gezielte Entwicklung von Potenzialträger*innen ist für den Erfolg Ihrer Organisation von entscheidender Bedeutung. Potenzialanalysen sind dabei ein wichtiges Tool! Erfahren Sie in diesem Beitrag alles über die Potenzialanalyse: Methoden und Instrumente, Anwendungsszenarien, Beispiele.
- 1. Potenzialanalysen – darum geht’s
- 2. In diesen Situationen brauchen Sie Potenzialanalysen
- 3. Häufige Bedenken – und warum der Nutzen klar überwiegt
- 4. Methoden und Instrumente der Potenzialanalyse
- 5. Beispiel – so nutzt die Sozialwirtschaft Potenzialanalysen
- 6. Unsere Expert*innen-Tipps zum Schluss
1. Potenzialanalyse – darum geht’s
Der Erkenntniswert von Potenzialanalysen ist enorm. Das gilt sowohl für Unternehmen und Organisationen, die Stellen richtig besetzen wollen als auch für Mitarbeitende und Kandidat*innen, die in einem Job passend zu ihrem individuellen Potenzial arbeiten wollen.
Worum geht es genau? Der Begriff Potenzialanalyse steht, einfach gesagt, für die systematische Untersuchung spezifischer Kompetenzen einer Person mithilfe von geeigneten Methoden. So sind bspw. auch Assessment Center oder (digitale) Development Center Verfahren zur Potenzialanalyse. Dabei ist das Ziel immer gleich: Die Kompetenzen sollen mit zuvor genau definierten Anforderungen abgeglichen werden, um entweder eine Auswahl (z. B. Stellenbesetzung) fundiert zu treffen oder eine Entwicklung (z. B. zur Führungskraft) sinnvoll zu planen.
Potenzialanalysen fußen auf einem „Soll-Ist“-Abgleich. Vorab müssen die Beteiligten also immer Kompetenzen festlegen, die mit den gewählten Methoden untersucht bzw. beobachtet werden sollen. Entsprechend geht es nicht darum, „den*die Beste*n“ zu finden, sondern vielmehr die Person, die am besten zu den gesetzten Anforderungen passt. Dabei gilt es auch die Passung hinsichtlich der Werte und Kultur zu berücksichtigen.
ℹ️ Wichtig ist auch die Abgrenzung zu einer Leistungsbeurteilung: Diese bezieht sich auf Leistungen in der Vergangenheit, im tatsächlichen Arbeitssetting. Der Begriff „Potenzial“ in Potenzialanalysen zeigt deutlich, dass in einem solchen Verfahren Entwicklungsmöglichkeiten abgeleitet werden können. Potenzialanalysen sind losgelöst vom Arbeitsalltag – dabei aber praxisnah – und werden bewusst nicht von der Führungskraft durchgeführt.
2. In diesen Situationen brauchen Sie Potenzialanalysen
Gelingt die perfekte Passung zwischen einer Person und den individuellen Anforderungen einer Position oder Aufgabe, bringt dies viele Vorteile für Ihr Unternehmen mit sich, wie bspw. eine gute Mitarbeitendenbindung und eine optimale Aufgabenverteilung.
Mit Potenzialanalysen lassen sich unterschiedliche Problemstellungen und Situationen angehen, immer im Kontext der Auswahl geeigneter Bewerber*innen oder der Entwicklung von Mitarbeitenden. ℹ️ Auch für Organisationen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft und ihre Einrichtungen haben sie einen großen Mehrwert | Hier geht’s direkt zum Praxisbeispiel
Ein guter Anlass kann beispielsweise die Nachbesetzung einer langjährigen Führungskraft, die Entwicklung einer aufstrebenden Fachkraft, die Besetzung einer sehr spezifischen Stelle oder auch die Neuaufstellung eines ganzen Führungsteams im Zuge einer Neuausrichtung sein. Die Anwendungsfälle im Detail:
A. Sie wollen Mitarbeitende passend weiterentwickeln.
- Sie fragen sich, was die eigenen Mitarbeitenden und Führungskräfte konkret alles können.
- …und wo ihre Entwicklungspotenziale bezogen auf die Anforderungen einer aktuellen Situation liegen (für Einzelpersonen und/oder Gruppen erfassbar).
Eine konkrete Frage könnte in diesem Kontext sein, wohin Sie eine*n Potenzialträger*in entwickeln können, um die Person erfolgreich in der Organisation zu halten: Welche Funktion passt zu ihm oder ihr? Ein anderer häufiger Fall ist der, dass Sie eine Schlüsselfunktion nicht extern besetzen können, oder möchten, und sich deshalb fragen, wen von den eigenen Mitarbeitenden oder Führungskräften Sie dorthin entwickeln können. Daran schließt sich die Frage an, welche Fähigkeit die Person entwickeln muss. Als Ergebnis von Potenzialanalysen lassen sich hierfür Entwicklungspläne ableiten.
Dieser Prozess, der langfristig initiiert und durchgeführt werden muss, kann bspw. auch bei der strategischen Nachfolgeplanung im Unternehmen hilfreich sein.
Ebenfalls ist es denkbar, dass Mitarbeitende oder Führungskräfte sich entwickeln wollen, aber nicht klar ist, wohin. Dann muss erst einmal geklärt werden, was entwickelt werden soll und wo überhaupt die Stärken und die Entwicklungsfelder einer Person liegen.
B. Sie wollen Veränderungsprozesse in Ihrer Organisation starten.
- Ihre Organisation steht vor einem komplexen Veränderungsprozess, der auch eine Veränderung der Unternehmenskultur sowie strukturelle Veränderungen mit sich bringt.
- Vorhandene Strukturen werden vollständig verändert, sodass es aktuelle Rollen nicht mehr gibt.
In einem Veränderungsprozess werden Sie herausfinden, wer aus Ihrer Führungsmannschaft welche neue Rolle künftig einnehmen will und kann. Sie werden schauen, wer welche Anforderungen erfüllt, um den Weg zu einer veränderten Organisation mitzugehen.
Nur indem Sie Ihre Führungsmannschaft im Ganzen – und vor allem auch im Einvernehmen, also in gemeinsamer Sache mit dieser – unter die Lupe nehmen, können Sie Ihr Führungsteam für die Herausforderungen passend aufstellen. Das ist für die Organisation wie auch für die Zufriedenheit der beteiligten Führungspersonen entscheidend.
C. Sie wollen für eine konkrete Stelle die richtige (interne/externe) Person finden.
- Sie besetzen z. B. eine wichtige Führungsposition oder eine andere Schlüsselposition in Ihrem Unternehmen, sodass eine Fehlbesetzung weitreichende Folgen haben könnte.
- Sie benötigen für Ihre Stelle eine Person, die nicht nur ihr Fach beherrscht, sondern die genau zu den spezifischen Anforderungen Ihrer Organisation passt und diese versteht.
Dann lohnt es sich, mit Methoden der Potenzialanalyse eine Passung von Kompetenzen und Anforderungen Ihrer Stelle sicherzustellen. Dafür erfordert es mehr als das Wissen darüber, dass die Person bereits zuvor eine ähnliche Stelle besetzt hat. Die eingesetzten Methoden bringen sowohl der Organisation als auch Bewerber*innen einen Erkenntniswert und sind, für beide, Grundlage fundierter und tragfähiger Entscheidungen (mehr dazu, s. Kapitel 3.)
ℹ️ Auch Potenzialanalysen können letztendlich keine Garantien geben – sind aber eine gute Methode, um das Risiko von Fehlbesetzungen zu minimieren. Eine einhundertprozentige Passung, gleich von Beginn an, ist ebenfalls nicht häufig anzutreffen. Doch mit den richtigen Methoden wird bei der Besetzung klar, wo die Lücken liegen, sodass diese entsprechend entwickelt werden können – und dann oft ein perfekter Fit erreicht werden kann.
3. Häufige Bedenken – und warum der Nutzen klar überwiegt
Auszubildende durchlaufen heute in vielen Branchen komplexe und aufwendige Verfahren, mit denen Unternehmen ihre Eignung prüfen. Die Eignung von Vorständ*innen und Geschäftsführungen oder andere wichtigen Führungspositionen wird derweil in vielen Unternehmen nur anhand eines oder mehrerer Interviews beurteilt. Dabei können die Suchenden dann nur theoretisch über das Verhalten der Kandidat*innen sprechen, anstatt dieses aktiv zu beobachten.
Es ist paradox, und zugleich nachvollziehbar. Der Hauptgrund, aus dem sich viele Organisationen gerade bei der Besetzung von Führungspositionen gegen Potenzialanalysen entscheiden, oder gar nicht darüber nachdenken, ist die schwierige Lage des Bewerbermarkts. Die meisten Organisationen sind froh, wenn sich überhaupt geeignete Kandidat*innen bewerben. Die Suchenden befürchten, die wenigen Kandidat*innen mit Potenzialanalysemethoden abzuschrecken. Denn, das ist nicht zu verkennen, Potenzialanalysen haben bei Bewerber*innen (leider) oft nicht den besten Ruf.
Hier ist die richtige Umsetzung entscheidend: Um Potenzialanalysen mit Gewinn für alle Beteiligten einzusetzen und durchzuführen, braucht es entsprechende Kompetenzen, Erfahrung und eine Auseinandersetzung mit der Organisation und ihren Anforderungen. Mit diesen Voraussetzungen und mit individuell für die Organisation erstellten Aufgaben, kann sich der oder die Kandidat*in bereits mit den Herausforderungen der Organisation vertraut machen. Er*sie lernt etwas über die eigenen Stärken und Entwicklungsfelder und bekommt einen wertvollen Eindruck davon, ob die Organisation zu ihm*ihr passt.
Die häufige Annahme, dass die Eignung gesetzt ist, wenn eine Person z. B. bereits die gleiche Funktion in einer anderen Organisation innehatte, mag in einigen Fällen zutreffen. Doch hier lohnt sich immer der kritische Blick. Nehmen wir an, Sie wollen eine Geschäftsführung mit einer in dieser Position erfahrenen Person besetzen: Wie evaluieren Sie, ob der vorherige Job gut gemacht wurde und die Eignung besteht? Auf welcher Basis können Sie sichergehen, dass die vorherigen Führungskräfte und Mitarbeitenden die Geschäftsführung auch als „gut“ bewerten würden? Wie können Sie wissen, welche Ziele es in der Position gab und ob diese auch umgesetzt wurden?
Sicherlich lassen sich oft über Netzwerke und Kontakte wertvolle Informationen gerade über etablierte Persönlichkeiten aufgreifen. Aber auch hier sollten Sie, im eigenen Interesse, stets fragen: Wie zutreffend sind diese Aussagen bezogen auf die individuellen Anforderungen Ihrer Organisation? Besonders in Schlüsselpositionen ist die Verantwortung für Mitarbeitende und Kund*innen so groß, dass diese, so unsere Überzeugung, immer mit einer entsprechend großen Sorgfalt besetzt werden sollten.
ℹ️ Eine wichtige Voraussetzung muss bei all dem ebenfalls gegeben sein, damit Potenzialanalysen gut funktionieren und für alle gewinnbringend verlaufen können: Vertrauen, Fehlerkultur und Lernkultur sollten in der Unternehmenskultur verankert sein und im Unternehmen auch gelebt werden.
4. Methoden und Instrumente der Potenzialanalyse
Will man den Erkenntnisgewinn durch Potenzialanalysen für sich nutzen, kommen verschiedene Instrumente und Methoden in unterschiedlicher Kombination in Frage. Die richtigen Methoden ergeben sich aus der individuellen Fragestellung, vor der die Organisation steht und aus dem daraus abgeleiteten Anforderungsprofil. Schauen wir uns die Möglichkeiten, Kompetenzen systematisch zu untersuchen, genauer an:
Teilstrukturierte Interviews
Interviews können als wertvolles Instrument der Potenzialanalyse zum Einsatz kommen – in Kombination und in Ergänzung zu den Beobachtungen aus den Aufgaben, erhält man wichtige Informationen. Mit einem Interviewleitfaden wird das Gespräch strukturiert, aber je nach Bedarf können Themen vertieft werden.
- Teilstrukturierte Interviews beginnen mit einem informellen Gesprächseinstieg. Hier geht es vor allem darum, die Atmosphäre zu entspannen. Danach informiert die interviewende Person über den genauen Gesprächsablauf.
- Im Interview können Fragen zur Berufsbiografie und zur Motivation gestellt werden. Situative Fragen („Stellen Sie sich vor …“ – „Was würden Sie tun“) bieten die Möglichkeit über das Verhalten zu sprechen. Alle Fragen beziehen sich auf die konkreten Anforderungen z. B. einer zu besetzenden Stelle.
- Ein wichtiger Bestandteil der Gespräche ist immer auch ein realistischer Bericht über die zukünftigen Tätigkeiten und das Unternehmen.
- Zum Abschluss des Gesprächs hat der*die Kandidat*in ausreichend Gelegenheit, aufgekommene Fragen zu stellen.
Rollenspiel
Rollenspiele stellen eine spannende Möglichkeit dar, im Zuge der Potenzialanalyse vor allem Verhalten zu beobachten. Es handelt sich dabei um die Simulation einer sozialen Interaktion.
- Eine Person ist Rollenspieler*in und hat eine Instruktion: Was ist passiert? Was sind Motive, Bedürfnisse, Ziele?
- Ein Beispiel: Das Rollenspiel simuliert ein Gespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in. Der*die Rollenspieler*in reagiert auf das Verhalten, dass der*die Kandidat*in im Gespräch zeigt: Schafft die Person eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre und ist bereit, zuzuhören, so öffnet der*die Rollenspieler*in sich und berichtet von dem Anliegen. Konfrontiert die Person den*die Rollenspieler*in hingegen direkt mit Vorwürfen, so ist die Reaktion Abwehrhaltung und Verteidigung usw.
Fallstudie
Mit Fallstudien lassen sich wertvolle Erkenntnisse über die Passung von Kandidat*in und Position erarbeiten, die insbesondere einen engen Praxisbezug ermöglichen.
- Der*die Kandidat*in bekommt die Aufgabe, einen komplexen Sachverhalt zu analysieren und zu strukturieren.
- Dazu erhält er*sie eine Vielzahl an Informationen, jedoch nur eine begrenzte Zeit.
- Die Aufgabe kann bspw. entweder im Vorfeld oder am Tag des Assessments erledigt werden.
- Ziel ist es, Entscheidungsalternativen herauszuarbeiten, Empfehlungen auszusprechen und Entscheidungen auch nachvollziehbar begründen zu können.
Psychologische Testverfahren
Der*die Kandidat*in durchläuft ein Profiling-Verfahren (z. B. Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung, kurz „BIP“). Die Instrumente helfen dabei, einen objektiven Abgleich zwischen Anforderungsprofil und Ausprägung zu schaffen.
- Das Instrument BIP erfasst berufsrelevante Persönlichkeitsmerkmale in Bezug auf berufliche Orientierung, Arbeitsverhalten, soziale Kompetenz und psychische Konstitution.
- Es arbeitet mit zu bewertenden Aussagen.
- Am Ende steht ein Ergebnisbericht, der im Abgleich mit einem individuellen Anforderungsprofil Erkenntnisse über die Passung von Kandidat*in und Profil bringt, dabei geht es nicht um „besser oder schlechter“, sondern um das entsprechend passende Entwicklungspotenzial.
- Die Auswertung sollte immer von einem persönlichen Gespräch eingerahmt sein.
- Die Ergebnisse sind insbesondere ergänzend zu den Erkenntnissen der anderen Assessment-Methoden interessant.
Weitere spannende Methoden (u. a.)
- Konzeptionsübungen: Der*die Kandidat*in bearbeitet eine Fragestellung oder erstellt ein Konzept zu einem vorgegebenen Thema.
- Gruppendiskussion: Mehrere Kandidat*innen diskutieren gemeinsam zu einem bestimmten Thema (z. B. kombinierbar mit der Konzeptionsübung).
- Präsentation: Der*die Kandidat*in bereiten für den Einstieg eine Selbstpräsentation vor oder präsentieren die Ergebnisse der Aufgabenstellungen. Durch Vorgabe eines Zeitrahmens wird auch das Zeitmanagement und die Priorisierung der Teilnehmenden fokussiert.
Für alle Aufgabenstellungen gilt:
- Stellen Sie im Rahmen der Methoden zur Potenzialanalyse nur Aufgaben, die es ermöglichen, die Fähigkeiten einer Person zu beobachten und zu beurteilen (z. B. die Kommunikationsfähigkeit in einem Mitarbeitendengespräch). Nur so erhalten Sie einen echten Mehrwert für Ihre Entscheidungsfindung!
- Konzipieren Sie Aufgaben, die realitätsnah sind. Zwar gibt Ihnen die Annäherung an die Antwort auf „Wie viele Smarties passen in einen Smart“ oder „Wie viele Klavierstimmer gibt es in Buxtehude“ auch Auskunft über die Fähigkeit, systematisch Probleme zu lösen. Doch die Akzeptanz der Kandidat*innen für die Aufgabenstellung ist viel größer, wenn der Praxisbezug klar ist. Und interessiert es Sie nicht auch viel mehr, wie Ihre Führungskräfte Ihre tatsächlichen Herausforderungen angehen?
à Themen in der Eingliederungshilfe oder Pflege könnten z. B. sein: Wie wollen die Kandidat*innen die digitale Teilhabe Ihrer Kund*innen umsetzen? Oder: Welche innovativen Möglichkeiten sehen Sie, um Pflegeprozesse neuzugestalten? - Um das beobachtete Verhalten möglichst gut und vergleichbar bewerten zu können, müssen die im Anforderungsprofil definierten Kompetenzen klar, konkret und praxisbezogen beschrieben werden. Woran erkenne ich eine gute Kommunikationsfähigkeit? – Mittels eines Beobachtungsbogens werden diese beobachtbaren Verhaltensanker bewertet.
5. Beispiel – so nutzt die Sozialwirtschaft Potenzialanalysen
Die Chancen und Einsatzmöglichkeiten von Potenzialanalysen für die Sozialwirtschaft sind vielfältig, das zeigt auch der Blick in unsere Beratungspraxis. So durften wir zuletzt u.a. folgende Projekte für unsere Kunden durchführen:
- Assessement Center im Rahmen von Stellenbesetzung zur Bewerbendenauswahl
- Digitales Development Center zur Standortbestimmung von Führungskräften
- Management Audit im Rahmen von organisationalen Umstrukturierungsprozessen
- Potenzialanalyseverfahren zur Bildung von regionalen Führungsteams
- Potenzialanalyseverfahren zur Vorbereitung eines High Potential Programms
Wie der Einsatz konkret aussehen kann, zeigt das folgende Beispiel einer anspruchsvollen Besetzung, bei der wir einen Kunden begleiten durften. Die zu besetzende Funktion war eine geteilte Stelle (je zu 50 Prozent):
- Leitende Schwester einer Schwesternschaft/Oberin (jedoch kein Orden)
- Stabsstelle Freiwilligenmanagement, angesiedelt beim Vorstand
Insbesondere für die Funktion der Oberin war das gewählte Auswahlverfahren ein außergewöhnliches. Der Vorstand entschied sich für eine Potenzialanalyse, da zu der ausgeschriebenen Stelle auch das Freiwilligenmanagement gehört und das Anforderungsprofil damit besonders komplex war. Zum Anforderungsprofil gehörten z. B. Kompetenzen wie die Identifikation mit den Werten der Organisation, Empathie, die Fähigkeit, sich selbst weiterzuentwickeln sowie Innovationsvermögen.
Mehrere Bewerber*innen interessierten sich für die Position. Bereits im Vorfeld hatte ein ausführliches Briefing über den Hintergrund des Verfahrens stattgefunden. Die Transparenz stärkte nochmals die vorhandene Bereitschaft der Bewerber*innen, am Verfahren teilzunehmen.
- In den Übungen bildeten wir den Alltag als Oberin wie auch die Stabsstelle Freiwilligenmanagement ab. Im Interview lag ein Fokus darauf, ob die Werte der Person mit den Werten des Trägers und der Schwesternschaft zusammenpassen. Thema waren auch das Verständnis für die Schwesternschaft und Ideen für deren Weiterentwicklung im Sinne der Schwesternschaft.
- Weitere Elemente des Verfahrens waren z. B. ein Rollenspiel mit einer Mitschwester hinsichtlich eines Konflikts in der Gemeinschaft und eine Konzeptionsübung zum Aufbau und zur Steuerung des Freiwilligenmanagements in der Organisation. Die Schwestern waren an der Konzeption des Verfahrens sowie auch am Verfahren selbst aktiv beteiligt: Eine Schwester agierte z. B. als Beobachterin. Das Rollenspiel konzipierten wir zudem basierend auf den Erzählungen der Schwestern über ihren Alltag.
Ein Kennenlernen mit der Schwesternschaft und anderen Gremien gehörte darüber hinaus auch zum Verfahren. Hier ging es darum, zu sehen, ob auch „die Chemie“ stimmt – ob also eine persönliche Passung neben der Passung im Sinne der Anforderungen gegeben ist. Es gab mehrere qualifizierte Kandidat*innen und die im Verfahren ausgewählte Person sahen Schwesternschaft und weitere Gremien als geeignet an. Die Stelle konnte so im Verfahren erfolgreich besetzt werden.
Zwei weitere Praxisbeispiel lesen Sie hier:
- Projekt gemeinsam mit den Nordeifelwerkstätten (Managment Audit)
- Projekt gemeinsam mit der Caritas Olpe (Vorbereitung eines High Potential Programms)
6. Unsere Expert*innen-Tipps zum Schluss
Organisationen wie auch Kandidat*innen profitieren von einer Potenzialanalyse. Letztere sind oftmals anschließend positiv überrascht und dankbar für die gewonnenen Erkenntnisse. Dennoch ist eines klar: Niemand lässt sich gerne intensiv beobachten und beurteilen. Daher ist ein umsichtiger Einsatz der Methoden von größter Bedeutung.
- ✔️ Auf „Augenhöhe“ bleiben: Mitarbeitende und Führungskräfte, die sich bereiterklären, an einer Potenzialanalyse teilzunehmen, geben Ihnen ihr Vertrauen. Sie lassen Sie ihre Fähigkeiten beobachten und bewerten. Seien Sie sich dieses Vertrauens im Verfahren bewusst und handeln Sie auch immer entsprechend.
- ✔️ Ehrlich und transparent sein: Was wird beobachtet? Wer beobachtet wann? Nach welchen Kriterien wird bewertet? Was passiert mit den Ergebnissen? Diese Fragen stellen sich die Teilnehmenden – zurecht. Seien Sie im Prozess ehrlich und transparent in der Kommunikation.
- ✔️ Immer Feedback geben. Die teilnehmenden Personen haben im Prozess etwas von sich preisgegen und sich auf das Verfahren eingelassen, von dem Sie bestenfalls auch etwas mitnehmen wollen – und sollten. Feedback ist daher im Zuge der Potenzialanalyse Pflicht!
- ✔️ Wertschätzend kommunizieren: Nicht für jede Person wird das Ergebnis der Analysen zur vollen Zufriedenheit ausfallen. Geben Sie Ihre Rückmeldung daher immer anhand von Beispielen und konkret auf das beobachtete Verhalten bezogen. Das hilft Teilnehmenden, auch weniger gute Beurteilungen besser aufzunehmen. Fokussieren Sie zudem immer auch die positiven Aspekte!
- ✔️ Nicht unnötig Stress machen: Schaffen Sie im Zuge des Verfahrens keine unnötigen Stresssituationen oder Verunsicherungen. Wenn Sie den*die Pressesprecher*in des Bundestages oder die Leitung eines Sondereinsatzkommandos besetzen, ist ein wirklich maximales Level von Stressresistenz sicherlich entscheidend. Aber wie sieht es realistisch für Ihre offene Position aus? Hinzu kommt, dass Menschen ihr Potenzial nur dann richtig zeigen, wenn sie nicht (unnötig) nervös sind oder abgelenkt werden.
Titelbild: © DC Studio/Adobe Stock
Ulrike Goletz
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