Mit regionaler Vernetzung Nachwuchskräfte gewinnen – ein Praxisbeispiel aus Regensburg

Donnerstag, 31 März 2022 10:35

Im Rahmen der Initiative care4future kooperiert die Caritas Regensburg mit den Privaten Schulen PINDL, dem PflegeCampus Regensburg und weiteren Partner*innen. Die Beteiligten wollen Schüler*innen für die Pflege begeistern. In diesem Beitrag geben wir Ihnen einen Einblick, wie das Netzwerk mit dem care4future-Konzept arbeitet.

Nachwuchskräfte nachhaltig gewinnen, das Image der Pflege verbessern, die Arbeitgebermarke stärken und sich regional vernetzen – diese Ziele geht die Caritas Regensburg im Rahmen der Initiative care4future strategisch an. Gemeinsam mit den Netzwerkpartner*innen, insbesondere den Privaten Schulen PINDL und dem PflegeCampus Regensburg, läuft seit 2019 ein Projekt, das Schüler*innen einen praxisorientierten Einblick in das Berufsfeld Pflege ermöglicht.

Caritas Regensburg: Pflege attraktiv gestalten

Die Caritas Regensburg hat ein klares Ziel: Eine langfristige Strategie zur Gewinnung von Nachwuchskräften aufbauen. „Entscheidend für die nachhaltige Sicherung des Fachkräftenachwuchses ist es, dass das Berufsfeld Pflege dauerhaft für junge Leute attraktiv wird“, erklärt Mechthild Hattemer, Geschäftsführerin der Caritas Wohnen und Pflege gGmbH in Regensburg. Gleichzeitig will der Träger die eigenen Häuser für interessierte junge Menschen öffnen: „Wir bieten viele Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten in unseren Einrichtungen an, auf die wir potenzielle Nachwuchskräfte aufmerksam machen wollen“, so Mechthild Hattemer.

care4future: Nachwuchskräfte nachhaltig gewinnen

Mit care4future fand der karitative Träger eine erfahrene Partnerin für die Umsetzung dieser Ziele. Bei der Initiative steht die langfristige und nachhaltige Gewinnung von Nachwuchskräften im Vordergrund. Zentraler Aspekt ist der Aufbau regionaler Netzwerke zwischen u. a. allgemeinbildenden Schulen, Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft und Pflegefachschulen. Gemeinsam erarbeiten die Netzwerkpartner*innen dann Berufsorientierungsangebote, die in den Schul- sowie den Arbeitsalltag integriert werden und den Schüler*innen das Berufsfeld Pflege in praktischen und theoretischen Lerneinheiten näherbringen.

Private Schulen PINDL: Vernetzung in der Region

In einem ersten Schritt identifizierte das care4future-Team zum Projektstart mögliche Partner*innen in der Region. Die Privaten Schulen PINDL vereinen alle Schulformen unter einem Dach und waren daher ein besonders interessanter Projektpartner für die Caritas. In dem engagierten PINDL-Internat, über das die Beteiligung am Projekt zentral lief, fiel die Entscheidung für die Zusammenarbeit schnell: „Das Projekt hat bei uns einen Nerv getroffen“, berichtet Internatsleiter Thomas Walther. „Wir wollen als Bildungs- und Erziehungseinrichtung einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Das Projekt sehen wir als Chance, dies auch langfristig tun zu können.“

Vorbereitung: Offen kommunizieren

Gemeinsam mit dem care4future-Team schauten sich die Netzwerkpartner*innen zunächst den Status quo an: Sie identifizierten vorhandene Ressourcen und überlegten, wie Kurse und Lerninhalte dementsprechend gestaltet werden können. „Es ist wichtig, klar zu kommunizieren, was geht und was nicht geht. Man muss ehrlich und offen miteinander umgehen, damit die Kooperation für alle Seiten funktionieren kann“, betont Sina Matysek, Projektleiterin von care4future. In mehreren Netzwerktreffen verabredeten die Partner*innen gemeinsame Ziele, definierten Rahmenbedingungen und erarbeiteten das Curriculum.

Für Thomas Walther und die PINDL-Schulen war dabei von Anfang an wichtig, die Jugendlichen authentisch abzuholen und an das Thema heranzuführen: „Man muss sich in die Schüler*innen hineinversetzen“, erklärt Thomas Walther. „Pflege spielt zumindest für die meisten jungen Menschen im Alltag erst einmal keine große Rolle“. Deshalb haben Internatspersonal und Lehrkräfte die Jugendlichen, die generell u. a. an sozialen Themen Interesse zeigten, aktiv auf den Kurs hingewiesen und sie ermuntert, daran teilzunehmen.

Das Programm: Schüler*innen begeistern

Die Lerninhalte wurden auf die Jugendlichen und ihre Interessen zugeschnitten: Ein abwechslungsreicher Lehrplan mit regelmäßigen Praxis- und Theorieeinheiten war das Ergebnis der Vorbereitungsphase. An dem freiwilligen Projektkurs, der ab Oktober 2019 vierzehntägig nachmittags stattfand, nahmen dann rund zehn Jugendliche der achten bis zehnten Klasse teil. Der Kurs umfasste inhaltlich u. a. die Themenfelder Hygiene, generalistische Pflegeausbildung, Arbeitsalltag in der Pflegeeinrichtung, Alter und Krankheit.

Die Schüler*innen konnten im Rahmen des Kurses eigene Erfahrungen mit dem Thema Pflegebedürftigkeit machen. Um zu verstehen, wie es sich anfühlt, alt und körperlich beeinträchtigt zu sein, kam beispielsweise ein Alterssimulationsanzug zum Einsatz. Kernstück des Kurses waren aber auch die regelmäßig stattfindenden Praxiseinheiten – Schüler*innen gingen in die Einrichtungen – in Alten- und Pflegeheime sowie in ein Krankenhaus – der Caritas Regensburg, nahmen am Pflegealltag teil und lernten die Mitarbeitenden und Bewohner*innen kennen. Sie durften den Pflegenden sogar bei kleineren Tätigkeiten zur Hand gehen und z. B. den Bewohner*innen Essen anreichen.

Während des Kurses zeigte sich, dass manche der Schüler*innen schon einmal persönliche Erfahrungen im eigenen Umfeld mit Pflegebedürftigkeit und auch mit dem Thema Demenz gemacht haben. Gemeinsam mit den anderen Teilnehmenden und Kursleiter*innen konnten sie diese Themen im Kurs besprechen und ihre Erfahrungen reflektieren.

Corona-Pandemie: Interesse an Pflegeberufen wächst

Das geplante Programm konnte wegen der Corona-Pandemie nicht vollständig umgesetzt werden. Die Schüler*innen mussten ab Frühjahr 2020 überwiegend auf Besuche in Einrichtungen verzichten. Dennoch fanden die Netzwerkpartner*innen gemeinsam Wege, den Kurs in eingeschränkter Form weiterzuführen. Die Schüler*innen bastelten beispielsweise Laternen für die Bewohner*innen und brachten diese als symbolisches Licht in die Pflegeheime.

Darüber hinaus hat die Pandemie die Themen Pflege und soziale Berufe wieder in den Fokus gerückt: „Das Interesse der Schüler*innen an sozialen Berufen ist deutlich gewachsen und mehr Schulen wünschen sich langfristige Konzepte in dem Bereich“, schildert Sina Matysek ihre Erfahrung aus der Arbeit im Rahmen von care4future.

Reflexion: Feedback-Gespräche führen

Zentraler Bestandteil des Projekts ist auch das gemeinsame Hinschauen am Ende des Kurses: Was hat gut funktioniert? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? „Unser Ziel ist die Nachhaltigkeit des Projekts“, erklärt Sina Matysek. „Um eine Konstanz in der Nachwuchsgewinnung zu erreichen, sollten die Kurse, die auf ein Schuljahr ausgelegt sind, möglichst als fester Termin jährlich wiederholt werden“.

Feedback-Gespräche mit den Jugendlichen sind ein grundlegender Baustein der Evaluations- und Reflexionsphase. Bei den Jugendlichen kamen insbesondere die Praxiseinheiten und der enge Kontakt mit den Pflege-Azubis gut an: In den Einrichtungen machten die Jugendlichen viele persönliche Erfahrungen. Den Pflegekräften gelang es zudem, den Schüler*innen ihre Motivation für den Beruf und die Arbeit mit Menschen zu vermitteln. Das spiegelte sich auch darin wider, dass viele Schüler*innen angaben, sich nach dem Kurs stärker für eine berufliche Laufbahn als Pflegekraft zu interessieren als vorher.

Unabhängig davon, ob die Jugendlichen nach ihrem Schulabschluss einen Ausbildungsweg in der Pflege wählen werden, ist sich Caritas-Geschäftsführerin Mechthild Hattemer sicher: „Bei den Schüler*innen ist vieles rund um das Thema Pflege hängengeblieben. Sie sind das Projekt offen und unvoreingenommen angegangen und haben positive Erfahrungen gemacht, die sie auch in ihren Freundeskreis weitertragen. So leistet das Projekt einen Beitrag dazu, den Pflegeberuf nachhaltig für junge Menschen attraktiver zu machen.“

Die Initiative care4future

Ziel: Nachhaltige Nachwuchskräftegewinnung und Fachkräftesicherung in sozialen Berufen (Pflege, Kita und mehr)

Zielgruppe: Schüler*innen, neu: Quereinsteiger*innen

Konzept:

  • Vernetzung wichtiger Akteur*innen in der Region: z. B. allgemeinbildende Schulen, Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, Aus- und Weiterbildungsstätten, örtliche Arbeitsagentur, ggf. Universitäten oder Hochschulen
  • Etablierung in Schulstrukturen bzw. regionalen Strukturen: Entwicklung individueller Curricula und Angebote
  • Peer-Learning: Die Durchführung der Kurse durch Gleichaltrige vermittelt den Teilnehmenden ein authentisches Bild und ermöglicht ein Lernen auf Augenhöhe
  • Reflexionskreislauf & Langfristigkeit: Unterschied zu punktuellen Angeboten

Ablauf:

  • Netzwerkaufbau
  • Planung
  • Umsetzung
  • Reflexion (und Evaluation)

Zur ausführlichen Beschreibung des Projektablaufs.

Text: Sina Matysek/Katharina Ommerborn
©Pixel-Shot

Sina Matysek

Portrait von Sina Matysek, Personal- und Organisationsberaterin, der contec

Sie haben Fragen rund um das Thema Nachwuchssicherung in sozialen Berufen und care4future? Sprechen Sie uns unverbindlich an!