Einrichtungsleitung in der Pflege – wie sie erfolgreich steuern kann
Die Einrichtungsleitung in der stationären Pflege, auch Heimleitung genannt, hat eine Schlüsselposition inne. Insbesondere für den wirtschaftlichen Erfolg einer Pflegeeinrichtung. Was sind die Voraussetzungen für die Position? Und was muss der Träger der operativen Führungskraft bieten, damit sie die Aufgaben und Anforderungen gut erfüllen kann? Mit den Hausgesprächen stellen wir Ihnen ein Praxisinstrument vor, das der EL hilft, erfolgreich die Einrichtung zu steuern.
- 1. Position & Voraussetzungen der Einrichtungsleitung
- 2. Was macht eine (gute) Einrichtungsleitung aus?
- 3. Was braucht die EL: Onboarding, Vergütung, Entwicklung
- 4. Praxis-Tipp: Mit Hausgesprächen Themen anpacken
1. Position & Voraussetzungen der Einrichtungsleitung
Einrichtungsleitung ist nicht gleich Einrichtungsleitung: Die Ausgestaltung der Funktion und die Führungskonstellation kann sich je nach Träger stark unterscheiden. Häufig agiert die Einrichtungsleitung in einer sogenannten „Sandwich-Position“ zwischen Pflegedienstleitung und Geschäftsleitung. Insbesondere bei kleineren Einrichtungen und je nach Ausgestaltung der landesüblichen Personalrichtlinien kann die Position der EL auch in Personalunion mit der Pflegedienstleitung angelegt sein. Ebenso gibt es Einrichtungen, in denen eine „geschäftsführende Einrichtungsleitung“ auch die Aufgaben der Geschäftsführung zum Teil oder sogar komplett wahrnimmt. In dem Fall trägt sie auch die kaufmännische Verantwortung.
Die Aufgaben der EL hängen also stark mit der Ausgestaltung der Position zusammen. Die klare Definition der Schnittstellen und Abgrenzung der Rollen in Richtung PDL und Geschäftsleitung ist wichtig für die erfolgreiche Arbeit in der operativen Führungsposition.
Die Einrichtungsleitung, je nach individueller Positions- und Rollenbeschreibung,
- leitet das Haus unter fachlichen, personellen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten
- trägt die Verantwortung für Heimverträge, Bewohneraufnahmen, Arbeitsverträge etc.
- steuert wirtschaftlich auf Basis von Zielvorgaben und Controlling-Auswertungen
- führt die Mitarbeitenden, Fach- wie Führungskräfte, und ist für ihre Bindung und Entwicklung verantwortlich
- sichert die Zusammenarbeit mit Partnern und Dienstleistern
- repräsentiert die Einrichtung nach innen und außen
- verantwortet die strategische und konzeptionelle Entwicklung der Angebote
- sichert und prüft die Pflege- und Betreuungsqualität, zusammen mit QM und PDL
Die Größe der Einrichtung bzw. des Trägers wirkt sich auf die Aufgaben der EL aus: Bei großen Trägern sind kaufmännische und strategische Themen meist zentral gesteuert, sodass z. B. das Controlling nicht direkt in der Einrichtung stattfindet. Die EL muss allerdings in allen Konstellationen Controlling-Auswertungen verstehen und die richtigen Maßnahmen daraus ableiten können.
2. Was macht eine (gute) Einrichtungsleitung aus?
Die Position der Einrichtungsleitung bringt gemäß Heimpersonalverordnung, § 2, zunächst formale Anforderungen mit sich:
„(1) Wer ein Heim leitet, muß hierzu persönlich und fachlich geeignet sein. Er muß nach seiner Persönlichkeit, seiner Ausbildung und seinem beruflichen Werdegang die Gewähr dafür bieten, daß das jeweilige Heim entsprechend den Interessen und Bedürfnissen seiner Bewohner sachgerecht und wirtschaftlich geleitet wird.“
Als Einrichtungsleitung bzw. Heimleitung ist gemäß § 2 fachlich geeignet, wer
- eine Ausbildung zu einer Fachkraft im Gesundheits- oder Sozialwesen oder in einem kaufmännischen Beruf oder in der öffentlichen Verwaltung mit staatlich anerkanntem Abschluss nachweisen kann und
- durch eine mindestens zweijährige hauptberufliche Tätigkeit in einem Heim oder in einer vergleichbaren Einrichtung die weiteren für die Leitung des Heims erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat. […]
Formell ist ein pflegefachlicher Hintergrund für die EL also keine Voraussetzung. Immer mehr Träger entscheiden sich jedoch dafür. Das hat Vorteile: Die Einrichtungsleitung kann dann in der Regel gut zwischen pflegefachlichen und kaufmännischen Bedarfen vermitteln oder beispielsweise die Entwicklung der Leistungsangebote fundiert gestalten. Doch in der Praxis zeigt sich auch, dass die ‚Pflegebrille‘ die notwendige wirtschaftliche Perspektive der EL einschränken kann. Mitunter greift die pflegerisch erfahrene Einrichtungsleitung zu stark in Pflegethemen ein, und damit in Bereiche der PDL. So kann sie die eigentlichen Aufgaben der EL nicht mehr vollumfänglich wahrnehmen.
Hat die EL wiederum kein Pflegewissen, z. B. bei einer rein kaufmännischen Ausbildung, kann es zu Entscheidungen kommen, die aus pflegefachlicher Sicht problematisch sind. Hier sind Reibungspunkte mit der PDL oder den Mitarbeitenden keine Seltenheit. Besonders wenn schwierige Sanierungs- oder Restrukturierungsprozesse notwendig sind, darf der Blick auf die Pflegebedürftigen nicht verloren gehen.
Deutlich getrennte Ressorts der PDL und der EL können sinnvoll sein: Jede*r wirkt im eigenen Kompetenzbereich. Umso wichtiger ist dann aber die gute Zusammenarbeit an der Schnittstelle – mit einer starken PDL (mehr dazu, was eine gute PDL ausmacht, lesen Sie hier). Die Beteiligten sollten in einem Vertrauensverhältnis pflegefachliche und wirtschaftliche Bedarfe gut ausloten können.
Ein Beispiel: Wenn die PDL einen Bedarf für Zeitarbeit sieht, muss die EL darauf vertrauen können, dass dieser im Sinne des fachlich einwandfreien Personaleinsatzcontrollings notwendig ist. Auch wenn er sich wirtschaftlich ungünstig auswirkt.
Bei Konstellationen, in denen die EL in Personalunion als PDL arbeitet, sind Pflegeausbildung und entsprechende Weiterbildung wiederum ein Muss.
→ Unsere Empfehlung: Die Verantwortlichen brauchen in dieser Frage einen klaren Blick auf die Voraussetzungen und Bedarfe einer konkreten Einrichtung (bis hin zu den Mitarbeitenden). Auf dieser Basis lässt sich abwägen, welche fachliche Ausrichtung der operativen Führungskraft für das Haus am besten passt.
Wirtschaftliches Denken und eine gute Kenntnis darüber, wie sich die Pflege finanziert, sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit der Einrichtungsleitung – und für den wirtschaftlichen Erfolg des Hauses.
Wichtige praktische Aufgaben und Fragestellungen im Alltag sind zudem:
- Arbeit mit Monatsberichten/Betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA), Bilanzen analysieren: Was ist in meiner Einrichtung Anlagevermögen, was ist Umlaufvermögen, wie wird dieses durch das jeweilige Geschäftsjahr beeinflusst?
- Informationen des zentralen Controllings skalieren und bewerten können; kausale Zusammenhänge zwischen Daten und Prozessen vor Ort bilden und auf dieser Grundlage steuern sowie Maßnahmen ergreifen
- Pflegesatzverhandlungen: Wann ist die Verhandlung neuer Vergütungssätze sinnvoll, wie analysiere ich dazu was? Welche Parameter sind wie auf- und vorzubereiten?
- Belegungssteuerung und Einstufungsmanagement: Wie steuere ich die Belegung (wirtschaftlich)? Welche Anzeichen zeigen mir, dass ich gegensteuern muss, damit z. B. Erlöse nicht einbrechen und wie wähle ich die Maßnahmen?
Neben diesen wirtschaftlichen Aspekten gibt es in der Praxis eine wichtige Kompetenz, die oft unterschätzt wird: die ,partnerschaftliche Durchsetzungsfähigkeit‘. Die EL pflegt eine verlässliche partnerschaftliche Beziehung und schafft Transparenz. Ihre Aufgabe ist es, auch bei schwierigen Themen alle Beteiligten, also Lower-Management, Mitarbeitende und Bewohnende, mit ins Boot zu holen. Das kann eine Herausforderung sein, gerade bei notwendigen, durchaus auch unbequemen, Restrukturierungsprozessen.
3. Was braucht die EL: Onboarding, Vergütung, Entwicklung
Für eine erfolgreiche Arbeit muss nicht nur die Einrichtungsleitung Rüstzeug mitbringen. Ebenso muss der Träger die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Sind diese gegeben, hilft das auch dabei, gute Einrichtungsleitungen zu gewinnen und langfristig zu binden.
- Neue Führungskräfte brauchen ein gutes und systematisches Onboarding. Oft kann eine vorübergehende Begleitung on the job durch eine erfahrene Ansprechperson helfen, gerade wenn Nachwuchsführungskräfte neu einsteigen. So lässt sich sicherstellen, dass die neue Einrichtungsleitung neben der Einarbeitung auch das Tagesgeschäft bewältigen und wichtige Fristen einhalten kann.
- Die Einrichtungsleitung braucht für die wirtschaftliche Steuerung ausreichend Zugriff auf steuerungsrelevante Daten. Nur konkrete und zielgerichtete Zahlen und Anweisungen aus dem Controlling kann sie im operativen Geschäft zur Optimierung nutzen.
- Die rahmengebenden Zielvorstellungen und Prioritäten des Trägers für die Einrichtung müssen der EL klar kommuniziert werden, sodass sie ihre Führung im Einklang mit diesen gestalten kann.
- Eine der Position angemessene, attraktive Vergütung gehört, neben anderen Attraktivitätsfaktoren, zu den wichtigen Rahmenbedingungen. Mehr zur Frage „Was verdient eine Einrichtungsleitung?“ finden Sie in der contec Vergütungsstudie 2019.
- Um den fachlichen Herausforderungen gewachsen zu sein, gehören regelmäßige Weiterbildungen und entsprechende Angebote seitens des Trägers dazu.
4. Praxis-Tipp: Mit Hausgesprächen Themen anpacken
Das Format der regelmäßigen Hausgespräche ist ein einfaches und wirksames Tool, das sich in der Praxis vielfach bewährt hat. Nutzen Sie diesen Gesprächsrahmen, um Einrichtungsleitungen praktisch zu befähigen. Nachwuchskräfte können davon profitieren, aber auch langjährig erfahrene Leitungen, die vor neuen Herausforderungen stehen.
- Was?
Im Kern geht es darum, wichtige Themen und Probleme zu operationalisieren, sodass die EL sie praktisch angehen kann. Sind wichtige Themen mit Handlungsbedarf erst einmal definiert, liegt die Schwierigkeit vor allem darin, ins Tun zu kommen. Die Hausgespräche gehen in die Tiefe, sind dabei aber immer lösungsorientiert: Maßnahmen und Instrumente werden zusammen – verbindlich – vereinbart. Die Gespräche sollen der Heimleitung die operative Steuerung vereinfachen, als Türöffner oder Starthilfe. - Wie?
Die Gespräche finden regelmäßig zwischen Einrichtungsleitung und Geschäftsführung statt. Der Turnus hängt von der Themenlage ab: Oft bieten sich monatliche Gespräche an, bei akuten Krisen eher zweiwöchentliche. Sie sind dabei nicht mit üblichen Jour-fixe-Terminen gleichzusetzen, in denen eher berichtet wird und die EL mit den Herausforderungen anschließend allein bleibt. Es geht auch nicht darum, die Arbeit möglichst gut darzustellen. Die Idee ist vielmehr, sich auf die operative Ebene zu begeben, eine Herausforderung zusammen, auf Augenhöhe, anzuschauen und den Weg zum Ziel zu klären. - Warum?
In den Hausgesprächen lässt sich auf der Arbeitsebene ein ,Anpack‘ finden. Sie können dazu beitragen, dass die Einrichtungsleitung sich mit den Zielvorstellungen der Geschäftsleitung besser verbunden fühlt und entlang dieser führen kann. Fehlt der EL Erfahrung für bestimmte Fragen, kann sie ihr Wissen in den Hausgesprächen auffüllen und sich so entwickeln. Die Geschäftsführung kann dabei Best Practices aus anderen Einrichtungen teilen. Werden Probleme aus Zeitmangel im Tagesgeschäft nicht angepackt, können die Gespräche helfen, die Zeit zur Problemlösung zu verringern. In diesem Rahmen ist es für operative Führungskräfte leichter, nachzufragen. Von Seiten der Geschäftsleitung bietet der Gesprächsrahmen die Chance, herauszufinden, welche Hilfestellungen, welches Wissen, welche Voraussetzungen usw. die EL seitens des Trägers braucht, damit sie ihre Arbeit gut ausführen kann.
Als methodische Stütze für die Hausgespräche kann u. a. der PDCA-Zyklus mit den vier Phasen Plan-Do-Check-Act dienen:
Die Themen, die sich die Gesprächspartner im Hausgespräch anschauen können, sind vielfältig. Eine wirtschaftliche Schieflage kann Thema sein (z. B. Wie und womit kann ich gegensteuern, wenn Controlling-Zahlen das Ziel XY verfehlen?). Andere Beispiele sind die herausfordernde Akquise von Fachkräften oder auch die Außenkommunikation insbesondere bei Krisenthemen. Eine Problemstellung kann über mehrere Gesprächstermine hinweg bearbeitet werden. Ziel ist es, kontinuierlich an Themen zu arbeiten und Verbesserungen zu erreichen.
Text: Susanne Rösler/Linda Englisch Titelbild: Karolina Grabowska/Pexels