Effiziente Softwarelandschaft: BTHG-Anforderungen smart umsetzen

Drei Personen sitzen vor einem PC Bildschirm und rechts sind mehrere Texte und Grafiken an die Wand profiziert. Beitragsbild zum Text: Effiziente Softwarelandschaft
Donnerstag, 27 Februar 2025 15:30

Die Novellierung des SGB IX stellt Träger der Eingliederungshilfe vor komplexe Herausforderungen. Neben der Anpassung an neue Leistungssystematiken und einem veränderten Professionsverständnis müssen die Organisationen Effizienz und Rechtssicherheit im Kontext verschiedener Rechtskreise sicherstellen. Kostenträger fördern außerdem vermehrt Bemühungen um einen höheren Digitalisierungsgrad seitens der Leistungserbringer. Für viele Träger hat dies direkte Auswirkungen auf relevante Kern- und Unterstützungsprozesse.

  • Leistungsplanungen müssen den Anspruch einer individuell abgestimmten Begleitung erfüllen.
  • Dokumentationsprozesse müssen zeitnah, präzise und nachvollziehbar erfolgen, um eine hohe Leistungsqualität und Rechtskonformität zu gewährleisten.
  • Bedarfsermittlungen müssen mittels systematischer und standardisierter Arbeitsprozesse nachweisbar optimiert werden (§ 13 SGB IX).
  • Abrechnungen müssen für einen reibungslosen Zahlungsfluss sauber und effizient mit den Kostenträgern vernetzt werden.

Digitale Lösungen helfen dabei, den wachsenden, komplexen Anforderungen gerecht zu werden. Ist die Softwarelandschaft eines Eingliederungshilfeträgers nicht sinnvoll vernetzt, so erschwert dies zunehmend effiziente Prozesse und die Organisationen geraten unter Wettbewerbsdruck.

Wie gestalten Sie eine vernetzte Softwarelandschaft unter BTHG-Anforderungen?

Für eine erfolgreiche Neuausrichtung Ihrer Softwarelandschaft benötigen Sie ein klares Zielbild, das den Mehrwert für einzelne Organisationseinheiten und Prozesse berücksichtigt. Ein strukturierter Digitalisierungsprozess beruht deshalb auf folgenden Dimensionen:

  • Zielklärung: Welche Prozesse sollen digital unterstützt oder optimiert werden?
  • Technische Integration: Wie lassen sich bestehende Systeme sinnvoll vernetzen?
  • Prozessoptimierung: Welche Schnittstellen zwischen Verwaltung, Fachbereichen und externen Partnern müssen optimiert werden?
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Welche gesetzlichen Vorgaben muss der Digitalisierungsprozess einhalten?
  • Lösung: Welche Softwareoption eignet sich für die festgelegten Zwecke am besten?

Ein durchdachtes Konzept stellt schließlich sicher, dass Ihre Softwarelandschaft zukünftig nicht nur wirtschaftlich effizient und rechtskonform, sondern auch zukunftssicher ist. Entscheidend ist, dass die Softwarelösungen gut vernetzt und damit leistungsfähig sind. Geeignete Software kann zudem die individuelle Lebenssituation von Leistungsberechtigten systematisch erfassen, während sie die ICF berücksichtigt und damit die Teilhabeplanung erleichtert.

Beispiel-Szenario: Wie kann eine vernetzte Softwarelandschaft aussehen?

Eine Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderung setzt eine moderne, integrierte Softwarelösung ein, die Dienstplanung, Dokumentation und Leistungsabrechnung nahtlos miteinander verknüpft. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der konsistenten Verhandlung der wichtigsten vier Wirkparameter:

1. Dienstplanung und Schichtinformationen

Alle Mitarbeitenden erhalten über die Dienstplan-Software einen digitalen Zugriff auf den aktuellen Schichtplan. Dabei sehen sie nicht nur die eigenen Einsätze, sondern auch relevante Informationen zu den jeweiligen Bewohner*innen, wie z. B.:

  • individuelle Unterstützungsbedarfe basierend auf den Teilhabezielen der Bewohner*innen
  • besondere medizinische oder pflegerische Hinweise
  • geplante Maßnahmen oder Therapieeinheiten für die jeweilige Schicht

2. Digitale Dokumentation in Echtzeit

Während ihrer Schicht erfassen die Mitarbeitenden direkt über mobile Endgeräte (z. B. Tablets oder Smartphones) alle relevanten Daten zur Betreuung. Die Dokumentationssoftware ermöglicht dafür eine strukturierte Erfassung von:

  • tagesaktiven Unterstützungsleistungen,
  • sozialen Interaktionen und Entwicklungsfortschritten
  • sowie besonderen Vorkommnissen oder Notfallmaßnahmen

Durch die direkte Erfassung vor Ort ist es nicht mehr nötig, handschriftliche Notizen nachträglich zu übertragen. Das minimiert mögliche Fehlerquellen im Prozess.

3. Automatische Verbindung zur Leistungsabrechnung

Alle dokumentierten Leistungen fließen automatisch in das Abrechnungssystem ein. Das erleichtert die korrekte und fristgerechte Abrechnung mit den Leistungsträgern, da:

  • Leistungserfassungen automatisch mit dem Bewilligungsrahmen abgeglichen werden,
  • fehlende oder unvollständige Dokumentationen sofort erkannt werden
  • und die Finanzbuchhaltung direkten Zugriff auf abrechnungsrelevante Daten hat.

Die zeitaufwendige, manuelle Übertragung von Daten aus unterschiedlichen Systemen entfällt somit auch für die Leistungsabrechnung.

4. Verbesserte Kommunikation und Effizienz

Dank der durchgängigen Digitalisierung verbessert sich die Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Verwaltung erheblich, denn:

  • Informationen stehen in Echtzeit zur Verfügung,
  • Doppelarbeiten durch Mehrfacheingaben gibt es kaum noch
  • und Abweichungen oder fehlende Dokumentationen werden erkannt und sofort korrigiert.

Die integrierte Softwarelösung sorgt nicht nur für eine effizientere Organisation, sondern verbessert auch die Transparenz innerhalb der Einrichtung. So profitieren sowohl Mitarbeitende als auch Bewohner*innen von einer verlässlichen und strukturierten Arbeitsweise, die rechtliche Anforderungen berücksichtigt.

Welche Prozesse wollen Sie digitalisieren?

Bevor Sie selbst neue Softwarelösungen einführen, sollten Sie unbedingt die vorhandene IT- und Softwarestruktur systematisch erfassen. Denn ein ineffizienter Prozess bleibt auch in digitaler Form ineffizient – oder wird sogar noch komplizierter.

Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um Abläufe zu optimieren und die Organisation effizienter zu gestalten. Stellen Sie sich daher vor der Anschaffung neuer Softwarelösungen folgende Fragen:

  • Welche Systeme haben Sie bereits im Einsatz?
  • Wie sind diese miteinander verknüpft?
  • Wo gibt es unnötige manuelle Prozesse, die Doppelarbeiten erzeugen?
  • Welche Herausforderungen bestehen für Mitarbeitende in Verwaltung und in operativen Bereichen?
  • Welche Funktionen brauchen Ihre Mitarbeitenden?

Eine gründliche System- und Prozessanalyse hilft, Medienbrüche und ineffiziente Abläufe zu erkennen. Besonders sinnvoll ist es, vorhandene Software und ihre Schnittstellen genauer zu betrachten und anschließend zu bewerten. So lassen sich bestehende Strukturen gezielt BTHG-konform weiterentwickeln.

Neben der IST-Analyse bedarf es einer stichhaltigen Marktübersicht, die in die Bewertung passender Softwarelösungen einfließt. Dabei werden Anforderungen an Funktionalität, Benutzerfreundlichkeit und Integration definiert. Ein strukturiertes Lastenheft bildet dann die Grundlage für eine fundierte Entscheidung.

Wie geht es danach weiter?

Eine vernetzte Softwarelandschaft vermeidet Redundanzen, steigert die Effizienz und erleichtert die Kommunikation zwischen Fachkräften, Führungsebene und Verwaltung. Der beste Plan entfaltet jedoch nur dann seinen vollen Nutzen, wenn er erfolgreich in die Praxis umgesetzt wird. In den nächsten Artikeln zur Digitalisierung in der Sozialwirtschaft geben wir deshalb konkrete Tipps für die Einführung und Optimierung Ihrer Softwarelösungen.

➡️ Am 24. März 2025 geben unsere Organisations- und Managementberater sowie Digitalisierungsexperten Dominik Schwendemann und Luis Fritz Schmidt in einem Online-Seminar wertvolle Einblicke in erprobte Methoden und Best Practices für eine effiziente und vernetzte Softwarelandschaft. Sie widmen sich praxisnahen Lösungsansätzen und geben konkrete Tipps.

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Text: Dominik Schwendemann/Luis Fritz Schmidt/Leonie Hecken
© puhhha/Shutterstock

Dominik Schwendemann

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