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Eine Digitalisierungsstrategie für Pflegeheime aufsetzen, neue Ideen für die Pflegeausbildung entwickeln oder die patient*innenzentrierte Neugestaltung eines Krankenhauses umsetzen – für solche und andere Herausforderungen und Fragestellungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft lassen sich mit Design Thinking gute Lösungen finden. Im Beitrag erfahren Sie mehr über den Design Thinking Prozess – und darüber, wie Sie die innovative und dennoch niedrigschwellige Methode nutzen können.
In der Mitte eines hellen Raums steht eine große Pinnwand, davor stehen Personen mit Notizzetteln und Filzstiften. Sie diskutieren, gestikulieren, notieren Ideen. Andere laufen im Raum auf und ab – manche sind in Gesprächen, andere suchen in Zeitschriften nach geeigneten Ausschnitten für die Pinnwand. Eine Moderatorin steht inmitten des Geschehens und beobachtet die Personen im Raum, greift ein, wenn die Gruppe sich in Details oder Ausschweifungen verliert. So könnte der Blick in einen laufenden Design Thinking Workshop aussehen. Aber was steckt dahinter?
Design Thinking steht für eine gemeinsame Grundhaltung, für innovative Lösungen und dafür, die Dinge einmal anders zu denken. Die Methode vereint Vorgehensweisen, Denkmuster und Instrumente zur Lösung komplexer Probleme in einem Ansatz. Stellen Sie sich Design Thinking vereinfacht als gut gefüllten Werkzeugkoffer vor, der für die Bearbeitung ganz unterschiedlicher Problemstellungen die notwendigen Utensilien in einer geführten Schritt-für-Schritt-Anleitung bereithält. Diese Utensilien reichen von Workshops und Interviews über Mindmaps bis hin zu Markt-Trend-Analysen – ihre Kombination führt meist zu den besten Ergebnissen.
Es geht aber nicht nur um ein Set von Methoden. Design Thinking ist gleichzeitig ein Prozess zur Lösungsfindung und steht darüber hinaus auch für ein Mindset – eine offene und positive Einstellung, in der es dazugehört, Dinge ausprobieren, Fehler zuzulassen, Erfahrungen zu sammeln und sich so voranzutasten.
Im Mittelpunkt des Design Thinking Prozesses stehen immer die Bedürfnisse der Menschen, um die es bei einer Problemstellung geht – zum Beispiel die Nutzer*innen einer Dienstleistung oder eines Produkts. Es geht darum, die eigene Sichtweise zu verlassen und die der (potenziellen) Nutzer*innen kennenzulernen, zu verstehen und auf dieser Basis zu einer wirklich passenden Lösung zu gelangen.
Die Arbeit mit Design Thinking verläuft in mehreren Etappen. Wir empfehlen ein Vorgehen in sechs Schritten: Verstehen, Beobachten, Sichtweisen definieren, Ideen finden, Prototypen entwickeln und diese schließlich testen. Zu Beginn des Prozesses steht immer ein komplexes Problem, das einen größeren Raum für Lösungen anbietet.
Die Annäherung an Lösungen muss beim Design Thinking nicht unbedingt konstant erfolgen, es können auch Rückschritte und Anpassungen der geplanten Methoden an die tatsächlichen Umstände notwendig sein: Man spricht von einem iterativen Vorgehen. Auch verlaufen die sechs Schritte in der Praxis nicht immer linear. Die Teams können innerhalb des Lösungsfindungsprozesses bei Bedarf zwischen den unterschiedlichen Phasen hin und her springen.
Neben den Nutzer*innen, deren Bedürfnisse ergründet werden, braucht es beim Design Thinking zunächst einmal bunte Teams: Menschen arbeiten disziplinübergreifend zusammen, um ein Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Für einen erfolgreichen Design Thinking Prozess braucht es weiterhin einen Moderator oder eine Moderatorin. Er oder sie kennt sich mit dem Prozess sowie Chancen und Risiken des Design Thinking aus und sorgt dafür, dass das Team sich ganz auf das Problem fokussieren kann. Der/die Moderator*in leitet die Gruppe durch die Etappen und Methoden, lenkt die gemeinsame Lösungsfindung und greift als neutrale Person bei Konflikten ein. Ist diese Expertise in Ihrem Unternehmen nicht vorhanden, lohnt es sich, z. B. eine oder einen Design-Thinking-Coach*in für den Prozess einzubinden.
Um viele Menschen und Ideen zusammenzubringen und einen guten Workflow entstehen zu lassen, braucht es einen geeigneten Raum (physisch oder digital), in dem sich die Teilnehmenden bewegen und austauschen können. Das gilt sowohl für den physischen/digitalen Raum, der Möglichkeiten für Flipchart und Co bieten sollte, aber auch für den gedanklichen Raum: Stellen Sie sicher, dass Ideen und Vorschläge zunächst ohne Wertung von den Teilnehmenden eingebracht werden können. Zum freien Ideenaustausch gehört auch, dass nicht jeder Vorschlag ein Treffer sein muss.
Zum Design Thinking braucht es schließlich auch den konstruktiven Umgang mit dem Scheitern – und die Bereitschaft dazu. Es kann sich herausstellen, dass innovative Lösungsansätze und neue Herangehensweisen nicht funktionieren. Bewahren Sie sich dennoch ein positives Mindset. Design Thinking bietet die Möglichkeit, Ideen niedrigschwellig und ohne hohe Kosten zu testen. Deshalb gilt: Auch wenn es im ersten Anlauf nicht funktioniert hat, haben Sie doch Erfahrungen gewonnen und wichtige Erkenntnisse über die Bedürfnisse Ihrer Kund*innen sammeln können, die Ihnen im weiteren Prozess helfen – und dabei keine großen Verluste durch aufwendige Produktentwicklung erlitten. Probieren Sie auch andere Lösungswege aus, der Werkzeugkoffer des Design Thinking hält ganz unterschiedliche Utensilien bereit.
Die Arbeitsweise des Design Thinking ist agil, kreativ, kritisch und immer an den Nutzer*innen ausgerichtet. Sie ist nicht nur in einzelnen Branchen anwendbar, sondern lässt sich vielmehr auf verschiedenartige Herausforderungen aus unterschiedlichen Bereichen übertragen.
Das Potenzial von Design Thinking lässt sich beispielhaft an bekannten Erfolgsgeschichten zeigen:
Diese bekannten Beispiele zeigen auch: Mit Design Thinking lassen sich gerade komplexe Probleme anpacken, für die noch keine Lösung vorgegeben ist. Auch dann, wenn unterschiedliche Auffassungen über das Problem selbst vorliegen und die Ursachen eines Problems unklar sind, kann die Herangehensweise zum Erfolg führen. Design Thinking eignet sich immer dann, wenn es um Menschen geht, die von einer Problemstellung betroffen sind. Und: Am besten geeignet sind die Probleme, die dazu einladen, tiefer einzutauchen und mehr zu verstehen.
Design Thinking hat sich bereits in vielen Branchen bewährt, von Industrie und Handel, über Hotel- und Gastgewerbe bis hin zur Medizintechnik. In der Gesundheits- und Sozialwirtschaft kommt die Methode bisher noch seltener zum Einsatz, doch das Potenzial ist groß. Denn in einer Branche, in der die Arbeit mit Menschen im Zentrum steht, ist Design Thinking prädestiniert dazu, erfolgreiche Lösungen zu finden.
Die Methode ist dabei kostengünstig, niedrigschwellig und voraussetzungsarm. So hält sie auch für kleine Träger und Organisationen die Chance bereit, ohne großangelegte Studien oder Marktforschung nutzer*innenorientierte und innovative Lösungen zu finden und auszutesten – und sich somit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.
Ein Best Practice Beispiel aus dem Gesundheitssektor:
Im Rotterdam Eye Hospital gelang es mit der Design Thinking Methode, das Krankenhaus patient*innenzentriert neu zu gestalten und so die Aufnahme von Patient*innen um 47 Prozent zu erhöhen. Die Beteiligten versetzten sich durch Befragungen in die Patient*innen hinein und erkannten, dass viele Angst davor hatten, zu erblinden. Mit neuen Ideen schafften es die Beteiligten, Ängste besonders bei den kleinen Patient*innen zu reduzieren: Sie entwickelten u. a. eine App, die Kinder spielerisch über ihre Behandlung aufgeklärt, schulten das Personal in Angstreduzierung, Teamwork und Sicherheit und ermöglichten durch den Einbau von Trittschaltern die Kommunikation mit Erwachsenen auf Augenhöhe. Auch die Mitarbeitenden nahmen wahr, dass sich die Neugestaltung positiv auf ihre Arbeit auswirkte.
In unserer Arbeit bei contec setzen wir die Methode in verschiedenen Kontexten ein. So auch im Rahmen unseres digitalen Ideathons in der Eingliederungshilfe im Jahr 2021 unter der Leitfrage „Eingliederungshilfe – Quo vadis?“.
Digitale Assistenztools als Prototypen
Dabei ging es uns um den Austausch von Ideen und die Entwicklung von innovativen Lösungsansätzen für die Eingliederungshilfe. Gemeinsam mit einem Begleitgremium, bestehend aus Vertreter*innen von Trägern und Unternehmen, haben wir den Problemraum erkundet: Es wurden Mitarbeitende sowie Menschen mit Behinderung in verschiedenen Formaten befragt, um so ihre alltäglichen Probleme zu verstehen. Aus diesen Ergebnissen wurden die Challenges des Ideathons erarbeitet – lösungsoffene Aufgabenstellungen, basierend auf den ermittelten Bedarfen.
Im nächsten Schritt, dem gemeinsamen Finden von Lösungsansätzen, sammelten wir Ideen und entwickelten Konzepte sowie erste Prototypen für digitale Tools. Unsere Arbeitsgruppen waren bunt aufgestellt: Digitalaffine, soziale Entrepreneur*innen, Mitarbeitende der Eingliederungshilfe, Fachexpert*innen und Menschen mit Behinderung waren eingeladen, die Herausforderungen der Eingliederungshilfe zu bearbeiten. Dabei kamen verschiedene innovationsfördernde Methoden wie Brainstorming, die Entwicklung von Personas und digitales Prototyping zum Einsatz.
In kurzer Zeit erzielten wir sehr konkrete Ergebnisse: Zwei Prototypen, die als digitale Assistenztools in der Eingliederungshilfe eingesetzt werden könnten, entstanden im Rahmen des Ideathons. Außerdem konnten wir weitere Ideen sammeln, die zu Diskussionsformaten und Produktentwicklungen einladen.
Mit Design Thinking lassen sich in der Praxis gute und innovative Ergebnisse erzielen, das gilt auch – und ganz besonders – für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Probieren Sie es doch einmal aus!
Text: Denise BeuthnerSie wollen mehr über Design Thinking wissen oder suchen Begleitung für Ihre nutzer*innenorientierte Problemlösung? Sprechen Sie uns einfach an.
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